Auch bei bester Vorbereitung und ausgesprochen diplomatischem Eigenverhalten können gewisse Situationen immer mal wieder auftreten: Ihr Verhandlungspartner spielt nicht mit, er tanzt aus der Reihe.
Im Folgenden einige Tipps, wie Sie angemessen reagieren.
Akzeptieren Sie zunächst, dass Menschen eben nicht nur vernunftorientiert handeln, sondern sich stark von ihren Emotionen leiten lassen und dass viele dieser Vorgänge unbewusst ablaufen. Vielleicht hat sich Ihr Gegenüber sogar ebenso gewissenhaft vorbereitet wie Sie, aber vor Ihrem Gespräch ist ihm die sprichwörtliche Laus über die Leber gelaufen – und das hat ihn aus dem Konzept gebracht.
Vielleicht ist sein ungebührliches Verhalten aber auch Teil einer Strategie? Das sollten Sie herausfinden.
Erste Maßnahme:
Sie nehmen seine Provokationen zur Kenntnis, lassen sich aber davon nicht aus dem Konzept bringen. Sie streben stattdessen weiterhin eine Win-win-Situation an.
Zweite Maßnahme:
Wenn das nicht hilft – starten Sie keinen Gegenangriff, sondern lassen die Provokationen ins Leere laufen. Bleiben Sie sachlich und höflich und ignorieren Sie die verbalen Spitzen.
Beispiel:
Er: „So wie Sie Ihre Leute im Ladenbau im Griff haben, können Sie die Eröffnung des Supermarktes gleich um eine Woche verschieben!“
Ihre mögliche Reaktion: „Sie kennen die Situation vor Ort. Die ist nicht einfach. Was können wir Ihrer Erfahrung nach tun, um den Termin zu halten?“
Dritte Maßnahme:
Er provoziert immer noch? Dann nehmen Sie die Angriffe auf und versuchen Sie, diese zurück auf die Sachebene zu lenken. Damit dies gelingt, gibt es mehrere Möglichkeiten, wie das folgende Beispiel zeigt:
Er: „Sie haben überhaupt keine Ahnung, wovon Sie da faseln. Das geht jetzt schon den ganzen Vormittag so. Ich habe noch andere Dinge zu tun, als mir diesen Mist anzuhören!“
Suchen Sie auch angesichts einer solchen Provokation nach den Gründen für die Position der Gegenseite –
und nutzen Sie Ihre damit verbundenen Chancen! Hinterfragen Sie die Aussage Ihres Gegenübers, um die dahinter liegenden wahren Motive aufzuspüren und sprechen Sie diese an, um Bewegung in die Verhandlung zu bringen. Ist Ihr Gesprächspartner vielleicht gereizt, weil am Nachmittag eine wichtige Präsentation anberaumt ist und er – wie die ganze Abteilung weiß – keine Zeit zur Vorbereitung hatte? Bleiben Sie also höflich, signalisieren Sie Verständnis. Versuchen Sie, sich so gut wie möglich in den anderen hineinzuversetzen.
Antworten Sie beispielsweise Folgendes: „Sie sagen, dass ich mich nicht gut genug auskenne, um das beurteilen zu können? An welcher Stelle fehlen mir denn Ihrer Meinung noch Informationen?“ So lenken Sie die Provokation wieder auf die Sachebene zurück.
Wenn Sie wissen, dass Ihr Gegenüber aus völlig anderen als den vorgegebenen Gründen aggressiv ist, z. B. wegen seiner bevorstehenden Präsentation, so sprechen Sie ihn darauf an. Aus Höflichkeitsgründen können Sie Ihr Wissen durchaus als Frage formulieren: „Kann es sein, dass Sie unser Gespräch aufgrund der bevorstehenden Präsentation so negativ bewerten?“ Selbst wenn Ihr Gegenüber die Frage verneint, wird er sich ertappt fühlen und seine Angriffe einstellen oder reduzieren. Um das Gespräch zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen, können Sie mit ihm über die Spielregeln des Umgangs miteinander sprechen.
Sagen Sie ihm, dass Sie bereit sind, das Gespräch zu verschieben, wenn er dringende andere Verpflichtungen habe. So kann er sein Gesicht wahren. Ob das Gespräch verschoben wird oder nicht: Verbinden Sie Ihr Angebot mit der höflichen, aber eindeutigen Bitte, sich ab jetzt sachlich auszutauschen
Ganz gleich, was Sie von der Kritik und den Vorschlägen halten: Blocken Sie nicht ab, sondern fragen Sie nach. Hinterfragen Sie auch die unsachlichen Behauptungen Ihres Gegenübers. Dabei geht es auch darum, die Intention dahinter aufzudecken. Nichts bringt taktische Gebäude schneller ins Wanken als gezielte Fragen! Entpuppen sich die Kritik und/oder die Gegenvorschläge Ihres Gesprächspartners durch Ihre Nachfragen lediglich als Sperrfeuer, als substanzlose Worthülsen, so wird das – auch für andere Anwesende – schnell offenkundig. Haben seine Vorschläge doch eine gewisse Substanz, so haben Sie immer noch die Möglichkeit, Kompromisse zwischen Ihrem und seinem Lösungsansatz abzuleiten.
In jedem Fall entschärfen Ihre Fragen die Auseinandersetzung, da Sie ja jederzeit die Sache in den Vordergrund gerückt haben! Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, das Ihr Gegenüber zurückrudert oder sich gar entschuldigt.
Vermitteln Sie Ihrem Gesprächspartner verbal und nonverbal, dass Sie seine Tricks kennen und sich in dieser unangemessenen Form nicht weiter mit ihm auseinandersetzen möchten. Bleiben Sie dabei selbst immer fair und ruhig. Ein Gesprächspartner, der dieses – wirklich äußerste Mittel – ignoriert, diskreditiert sich selbst und signalisiert damit, dass er den Abbruch der Verhandlungen in Kauf nimmt.