Phase 2: In einer zweiten Phase werden dann die sensiblen Maßnahmen umgesetzt. Hierbei führen die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern Gespräche, um die Möglichkeiten einer freiwilligen Vereinbarung zu klären. Diese Phase sollte zwischen drei und sechs Monate betragen. Ihr Ende sollte bereits zu Beginn terminiert sein. Folgende Möglichkeiten bieten sich:
- Vorruhestand: Altersteilzeit und Vorruhestandsregelungen werden vom Gesetzgeber – politisch motiviert – regelmäßig neu geregelt. Hier ist zu prüfen, welche Rahmenbedingungen jeweils gelten. Über eine Analyse der Altersstruktur Ihrer Belegschaft können Sie die für eine Vorruhestandsregelung infrage kommenden Mitarbeiter anhand der Geburtsjahrgänge ermitteln. Die Annahme eines Vorruhestandsangebots hängt selbstverständlich von der finanziellen Ausstattung ab. Erfahrungsgemäß sind mehr als 50 Prozent der infrage kommenden Mitarbeiter bereit, mit einer Abfindungszahlung vorzeitig in den Ruhestand zu wechseln, sofern sie nur geringe finanzielle Nachteile erleiden.
- Teilzeitvereinbarungen: Eine weitere sozialverträgliche Maßnahme sind freiwillige Teilzeitvereinbarungen. Gegen eine einmalige Ausgleichszahlung verringern Mitarbeiter individuell ihre vertragliche Arbeitszeit. Diese Angebote werden erfahrungsgemäß beispielsweise von Mitarbeiterinnen mit Kindern, Doppelverdienern und Menschen mit ehrenamtlichen Aktivitäten genutzt. Vorteilhaft ist dabei, dass relevante Schlüsselqualifikationen im Unternehmen verbleiben. Der zahlenmäßige Effekt aus Teilzeitvereinbarungen ist jedoch gering und kann für die Planungen fast vernachlässigt werden. Teilzeitangebote sind daher eher aus personalpolitischen Gründen sinnvoll. Sie haben eine positive Wirkung auf die Solidargemeinschaft der Betroffenen und lassen sich gut kommunizieren.
- Freiwillige Aufhebungsvereinbarungen: Freiwillige Aufhebungsvereinbarungen sind bei allen größeren Personalanpassungen unverzichtbar. Wenn Sie freiwillige Aufhebungsvereinbarungen anbieten, sollten Sie festlegen, für welche Funktionsbereiche und Mitarbeitergruppen dies gelten soll. Andernfalls laufen Ihnen die besten Leute davon, die Sie später noch dringend benötigen.
Sofern der Betriebsrat zustimmt, können Sie beispielsweise im Sozialplan festlegen, dass bestimmte Abteilungen und Funktionsgruppen vom Personalabbau ausgeschlossen werden. Mitarbeiter aus diesen Bereichen haben dann keinen Anspruch auf eine Abfindung, wenn Sie das Unternehmen verlassen möchten. Es ist empfehlenswert, auch die oben genannten Leistungsträger auf eine Namensliste zu setzen, um diese von einem Anspruch auf eine Abfindung auszuschließen.
Eine weitere Möglichkeit, den ungewollten Verlust von Leistungsträgern zu verhindern, ist die sogenannte „doppelte Freiwilligkeit“. Hier wird im Sozialplan festgelegt, dass die Führungskraft oder die Personalleitung grundsätzlich einem freiwilligen Ausscheiden eines Mitarbeiters gegen Zahlung einer Abfindung ausdrücklich zustimmen muss.
Zur Umsetzung dieser Maßnahme sollten die Führungskräfte gezielt Gespräche mit ihren Mitarbeitern führen. Auf diese Gespräche müssen Ihre Führungskräfte unbedingt in einem speziellen Training vorbereitet werden, denn eine unsachgemäße Gesprächsführung kann irreparable Schäden in der Beziehung zum jeweiligen Mitarbeiter verursachen. In den Gesprächen erörtern die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern die anstehenden organisatorischen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die jeweilige Person. Werden diese Gespräche sensibel geführt, bieten sich sogar interessante Möglichkeiten, um differenzierte Rückmeldungen zu geben: Leistungsstarke Mitarbeiter werden darin bestärkt, im Unternehmen zu bleiben. Mitarbeiter mit Leistungseinschränkungen oder Zweifeln an der Eignung für zukünftige Anforderungen werden zu einer selbstkritischen Standortbestimmung ermuntert. Bei Letzteren geht es darum, die Augen für die Entwicklungsmöglichkeiten außerhalb des Unternehmens zu öffnen. Wichtig ist: Jede Kränkung des Mitarbeiters ist unbedingt zu vermeiden. Denn möglicherweise muss die Führungskraft auch weiterhin mit dem Mitarbeiter zusammenarbeiten.
Freiwillige Aufhebungsvereinbarungen lassen sich in ihrer Attraktivität steigern, indem zusätzlich zur regulären Abfindung ein „Sprinterbonus“ für Schnellentschlossene gezahlt wird. Zusätzlich zur Abfindung sollten Sie eine bezahlte Freistellung in der Kündungsfrist anbieten. Hilfreich ist ebenfalls die Finanzierung externer Qualifizierungsmaßnahmen oder Outplacement-Beratungen. Damit verbessern Sie die Vermittlungschancen auf einen neuen Arbeitsplatz und demonstrieren Ihre soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern.
Die Konditionen für Vorruhestand, Teilzeitvereinbarungen und freiwillige Aufhebungsvereinbarungen gehören in die Verhandlungen zum Sozialplan und werden für alle Mitarbeiter transparent veröffentlicht.
In der zweiten Phase sollten Sie ein wöchentliches Controlling der geführten Gespräche, laufenden Verhandlungen, abgeschlossenen Verträge sowie der damit reduzierten Mitarbeiterkapazität erstellen.
Sofern die geplanten Abbauziele bereits vor dem Ende der zweiten Phase erreicht sind, sollten die Maßnahmen vorzeitig eingestellt werden.
Am Ende der zweiten Phase sollten Sie den erreichten Personalbestand abschließend feststellen. Wurde das Abbauziel erreicht, sollte dies auch unbedingt zeitnah an alle Mitarbeiter kommuniziert werden, um die Phase der Unsicherheit zu beenden. Der Abbau ist realisiert.