2.3. Gesprächsvorbereitung und -führung

Die Etikette

Gespräche haben zwei wesentliche Ziele: Informationen zu vermitteln und die Beziehung zu stärken. In den ersten beiden Schritten haben Sie zunächst sich selbst, dann Ihren Gesprächspartner eingeschätzt. Freilich ist es unmöglich, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Deshalb sollten Sie sich zunächst positiv auf das anstehende Gespräch einstimmen. Sie erhalten dadurch schließlich die Chance, ein Ziel zu erreichen. Akzeptieren Sie die Rahmenbedingungen, unter denen das Gespräch stattfindet. Angenommen, Ihr Gegenüber ist Kettenraucher und Sie finden Rauchen widerlich. Es ist davon auszugehen, dass Ihr Gesprächspartner in seinem Büro rauchen wird – aber das wissen Sie ja bereits und können deshalb ihren Missmut darüber für die Dauer der Unterhaltung ausblenden. Außerdem sollten Sie sich von Vorurteilen gegenüber Ihrem Gesprächspartner oder gegenüber dem anstehenden Thema freimachen, sich stattdessen  auf seine Perspektiven einstimmen und sich in seine Situation hineinversetzen. 

Auch während des Gesprächsverlaufs gilt es, ein paar diplomatische Grundregeln einzuhalten. Sie sind das Fundament für eine entspannte Konversation – auch bei unangenehmen Themen. Wahrscheinlich werden Sie den einen oder anderen Aspekt bereits anwenden. Verfahren Sie wie folgt:

  • Nehmen Sie jeden Gesprächspartner ernst
    Wenn Sie diese Grundregel jeder diplomatischen Unterhaltung beachten, können Sie viele Kommunikationsstörungen vermeiden.
  • Behandeln Sie jeden Gesprächspartner als ebenbürtig
    Ein Gespräch entwickelt sich besser, wenn sich die Gesprächspartner auf Augenhöhe begegnen, statt sich selbst über den anderen zu stellen.
  • Hören Sie aktiv zu
    Gute Gesprächspartner hören aufmerksam zu und wollen die Argumente des anderen verstehen.
  • Überzeugen Sie durch partnerorientierte Argumentation
    Argumente können nur dann überzeugen, wenn sie sich auf die Lebenswirklichkeit des Gesprächspartners beziehen: Wenn Ihr Gegenüber Familienvater ist, berücksichtigen Sie diese Tatsache in Ihrer Argumentation. Argumente, die Sie aus seinem eigenen Erfahrungsbereich ableiten, wird er besser verstehen und bewerten als abstrakt dargestellte Positionen.
  • Zeigen Sie Einsicht
    Wer Irrtümer und Fehleinschätzungen offen zugibt, schafft Vertrauen und lenkt das Gespräch damit wieder in die richtige Richtung.
  • Nehmen Sie sich selbst zurück
    Ein gutes Gespräch zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Anteile an Redezeit nicht allzu weit voneinander abweichen.
  • Vermeiden Sie Konfrontationen
    Trotz großer Meinungsverschiedenheiten gibt es auch immer Gemeinsamkeiten. Legen Sie darauf den Schwerpunkt Ihrer Argumentation.


Die Ausdrucksmöglichkeiten

Nun geht es um Ihre Werkzeuge. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass jeder Dialog ein kleines Kunstwerk ist, für das Ihnen eine ganze Klaviatur an Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung steht? Wenden Sie sie ab sofort zielgerichtet an:

  • Nutzen Sie das ganze Repertoire Ihrer sprachlichen Ausdrucksfähigkeit
    Jeder von uns spricht mehrere Sprachen: Die Unterhaltung mit einem Freund ist anders als die mit einem Kind oder dem Vorgesetzten. Wer sich sprachlich auf sein Gegenüber einstellt, wird leichter verstanden. Das gilt für die Informationsmenge – ein Kind würden Sie nie mit Details überfordern – genauso wie für die Wortwahl. Wenn Ihr Gesprächspartner nur über eine geringe Bildung verfügt, werden Sie ihn nicht mit Fremdwörtern bombardieren, sondern die Inhalte so formulieren, dass sie für ihn verständlich sind. Das heißt: Sie begeben sich auf die sprachliche Ebene Ihres Gegenübers, nicht umgekehrt.
  • Setzen Sie Ihre Stimme bewusst ein
    Ihre Stimme ist die Musik hinter Ihren Worten. Nutzen Sie bewusst die Möglichkeiten zur Modulation: Ihr Gesprächspartner bleibt aufmerksam, wenn Sie sinnvoll und abwechslungsreich betonen und in einer ruhigen, angenehme Stimmlage sprechen.
  • Verstärken Sie Ihre Argumente durch Körpersprache
    Mimik, Gestik, Blickkontakt und Haltung – die Körpersprache lügt nicht. Ihr Gegenüber liest Ihre unbewussten Signale genauso wie Sie seine. Sie können darauf setzen, dass Ihre Körpersprache die eigenen Argumente verstärkt und zum Vertrauensaufbau beiträgt – wenn Sie das, was Sie sagen, ehrlich meinen. Ist das nicht der Fall, wird Sie Ihr Gesprächspartner schon bald entlarven und sich keinesfalls von Ihnen angesprochen fühlen
  • Nutzen Sie Distanz und Nähe als taktisches Instrument
    Mit dem Abstand zum Gesprächspartner, der Wahl des Sitzplatzes, dem Aufeinanderzugehen und Zurückweichen geben Gesprächspartner nonverbale Signale, wie viel Nähe sie jeweils zulassen wollen. Sie können z. B. eine Atmosphäre des Misstrauens dadurch vermeiden, dass Sie aktiv einen Platz nahe beim Gesprächspartner einnehmen und sich betont zu ihm vorbeugen, während Sie beide im Gespräch sind. Das wertet er unbewusst als Sympathie und Interesse.


Die Zielsetzung

Um Ihre Ziele im Gespräch durchzusetzen zu können, sollten Sie diese für sich vorab klar formulieren. Daraus entwickeln Sie die Argumente, mit denen Sie Ihren Gesprächspartner überzeugen wollen. Legen Sie schon vorher für sich fest, welchen Erfolg Sie erzielen wollen, und welche Kompromisse Sie einzugehen bereit sind. Bedenken Sie, welche Konsequenzen sich aus Ihren Zielen ergeben, und welche Fragen und Einwände Ihr Gegenüber vorbringen könnte. Achten Sie auf ein Gesprächsergebnis, das sich auch in die Praxis umsetzen lässt. Doch hüten Sie sich dabei vor Überschwang. Allzu große Begeisterung verführt leicht zu unrealistischen Zielen. Formulieren Sie Ihre Ziele mit einer gesunden Portion Realismus.

Das Verhandeln

Diplomaten verhandeln mit dem Ziel, ein für beide Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Mit dieser Grundhaltung sollten Sie in das Gespräch hineingehen. Je größer der Verhandlungsspielraum, desto wahrscheinlicher ist ein Erfolg. Wo es nur noch um Ja oder Nein geht, ist kein Raum mehr für konstruktive Lösungen. Auch sollten Sie nicht versuchen, Ihre Ziele auf Biegen und Brechen durchzusetzen. Mit aller Härte durchgeboxte Siege werden schnell zum Bumerang.

Der optimale Ausgang einer Verhandlung ist eine Win-win-Situation: Sie führt zu nachhaltigen Ergebnissen und verlässlichen Absprachen. Jeder der Gesprächspartner geht unbeschädigt aus der Verhandlung und hat keine Probleme damit, die Ergebnisse innerhalb seiner eigenen Gruppe zu kommunizieren. Die Voraussetzung für eine Win-win-Situation schaffen Sie, indem Sie nicht nur Ihre eigenen Ziele, sondern auch die Wünsche der Gegenseite im Blick behalten. 

Ein Beispiel: Sie wollen ein Haus verkaufen und haben sich ein unteres Preislimit gesetzt. Ihr Gesprächspartner ist sehr interessiert, aber es kommt nicht zum Abschluss, obwohl Sie weitere Zugeständnisse machen. Der Interessent kann erst in einem Jahr bezahlen, denn sein Kapital ist bis dahin gebunden. Frustriert brechen Sie die Verhandlung ab. Dabei wäre eine Win-win-Situation im Bereich des Möglichen, etwa wenn der Interessent den Zuschlag erhält, eine angemessene Anzahlung leistet und Sie auf die ausstehende Summe einen Betrag erhalten, der einer festen Verzinsung des Kapitals für ein Jahr entspricht.

Fazit: Wenn Sie in der Lage sind, alle bis hierhin genannten Reflexionen und Vorgehensweisen zu berücksichtigen, so haben Sie gelernt, wie Sie sich auf ein Gespräch und auf Ihr Gegenüber vorbereiten. Sie sind nun vertraut mit den Grundlagen der diplomatischen Etikette und Verhandlungsführung – und dürften dadurch schon bald von signifikant überzeugenderen Gesprächs- und Verhandlungsergebnissen profitieren.