2.2. Wer argumentiert, verliert

So wichtig es ist, seinen Standpunkt entschieden zu vertreten, so wichtig ist es auch, für den Standpunkt der Gegenseite ein offenes Ohr zu haben. Bei Auseinandersetzungen korreliert die Bereitschaft, zuzuhören mit dem Grad der Akzeptanz gegenüber abweichenden Ansichten.

Nicht mit Logik, sondern mit Psycho-logik kommen Sie ans Ziel

Viele Menschen neigen im Moment des Widerspruchs dazu, ausschließlich ihren eigenen Standpunkt voranzubringen.
Wer daran gewöhnt wird, ausschließlich auf die Logik zu vertrauen, setzt auf die Macht der Argumente. Dabei gerät der Gesprächspartner allerdings aus dem Blick. Schnell kann es nur noch darum gehen, Recht zu behalten. Wer argumentiert, will ja den Standpunkt seines Gesprächspartners ernsthaft erschüttern, um dem eigenen Standpunkt Geltung zu verschaffen. Eine solche Auseinandersetzung endet stets mit einem Sieger und einem Unterlegenen.
In der Konsequenz bedeutet dies aber: Wer argumentiert, verliert.

Ihre Argumente und Begründungen mögen noch so gut sein, solange Ihr Gesprächspartner nicht bereit ist zu verlieren, wird auch der überzeugendste Appell an die Vernunft bei ihm auf taube Ohren stoßen. Fühlt er sich und seinen Standpunkt angegriffen, wird er alles tun, um seine Sicherheit zu bewahren. Darum wird er eher die Flucht antreten, als Ihnen zuzuhören, geschweige denn sich bemühen, Ihren Standpunkt ernsthaft zu verstehen. Im Mittelpunkt einer Auseinandersetzung steht nicht die Richtigkeit der jeweiligen Aussagen, sondern welche emotionale Bedeutung sie für die Beteiligten hat. Die Logik orientiert sich nur am Sachverhalt. Die Psycho-logik an der emotionalen Bedeutung.

Sprechen Sie Gefühle direkt an

Da Entscheidungen wesentlich durch emotionale Befindlichkeiten beeinflusst werden, können Sie durch Ansprechen der mitschwingenden Gefühle mögliche Störfaktoren klären. Denn jeder unausgesprochene Zweifel verzögert Ihre Abläufe, jeder unterdrückte Ärger äußert sich Ihnen gegenüber irgendwann in Ablehnung oder Rache und jede Enttäuschung zieht eine lange Erinnerungsspur nach sich, die sich auf künftige Handlungen auswirkt. 

Sprechen Sie die Gefühle Ihrer Gesprächspartner neutral und wie selbstverständlich an. Damit drücken Sie Respekt und Wertschätzung aus und erzeugen eine Atmosphäre, in der die meisten Menschen das Bedürfnis entwickeln, sich noch weiter zu erklären. Wir alle möchten von anderen verstanden werden. Sobald wir spüren, dass sich andere bemühen, unsere Lage zu erfassen, sind wir bestrebt, ihnen das Verständnis zu erleichtern, und erklären uns deshalb unaufgefordert weiter.

Nutzen Sie die körpersprachlichen Signale Ihres Gegenübers 

Wenn Sie etwas äußern, womit Ihr Gegenüber nicht gerechnet hat, können Sie an seiner Körpersprache erkennen, wie sehr ihn das erschreckt (= zurückweichen, Arme verschränken), verwirrt (= Stirnrunzeln, Kopfschütteln) oder auch neugierig macht (= vorbeugen, weite Augen). Stets können Sie ansprechen, was Sie gerade bemerken und dabei zum Ausdruck bringen, dass es für Sie völlig selbstverständlich ist, gerade so zu empfinden.

Ein ruhiges „Ich sehe gerade, wie sehr Sie das erschreckt“, zieht prompt eine Erklärung nach sich, z. B. „Na ja, das trifft mich jetzt völlig unvorbereitet, ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet.“ Und dann erfahren Sie, wo der andere gerade gedanklich steht und was an Ihrer Äußerung für ihn verwirrend war.

Ebenso können Sie auf Anzeichen von Ärger und Missstimmung reagieren und zeigen, dass Sie für die negativen Gefühle Verständnis haben, beispielsweise: „Irgendwie muss ich Sie mit meiner Äußerung vor den Kopf gestoßen haben.“
Damit entlasten Sie den anderen: Statt sich für seinen Ärger rechtfertigen oder ihn verbergen zu müssen, kann er Ihnen erklären, was ihn gerade so in Rage bringt.

Auch Unsicherheit und Zweifel können Sie leicht erkennen. Neben der zögerlichen Sprechweise wird es vielfach begleitet von Kopfwiegen, zusammengepressten Lippen oder Naserümpfen. Sobald Ihr Gegenüber erfährt, dass Sie seine Skepsis und sein Zögern zulassen, wird er Ihnen unaufgefordert erklären, was ihm fehlt, bzw. was er benötigt, um sich sicherer zu fühlen.

Unternehmen Sie nun in ganz normalen Gesprächen Ihre ersten frage-freien Aussage-Versuche. Sie werden rasch bemerken, wie Sie mit diesem Vorgehen zur Beruhigung und Entspannung Ihrer Gesprächspartner beitragen. Das führt dazu, dass Menschen sich in Ihrer Gegenwart wohl fühlen.
Sehen Sie erste Erfolge, können Sie Ihr Methodenstudium fortsetzen.