Konfliktverlauf
Die Phase 1 (Schwelen) ist dadurch gekennzeichnet, dass nur wenige der Beteiligten den sich anbahnenden Konflikt bewusst wahrnehmen. Oftmals entwickelt sich zunächst lediglich eine Missstimmung. Die Konfliktbeteiligten streben noch eine Win-Win-Lösung an, oftmals getrieben von der Befürchtung, selbst zu verlieren. Im Falle von Verteilungskonflikten etwa versuchen die Beteiligten in dieser Phase noch, die vorhandenen Ressourcen so aufzuteilen, dass es beiden Seiten gelingen kann, die jeweils gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
In Phase 2 (Rauch entwickeln) wird bei Konflikten auf individueller Ebene den Beteiligten nach und nach klar, dass sich ein Konflikt anbahnt. Die Konfliktparteien vermeiden dennoch, sich hierüber miteinander offen auszutauschen. Sie bleiben auf der sachlichen Ebene. Bei Konflikten zwischen Gruppen fallen hingegen innerhalb der Gemeinschaft deutliche Worte über die andere Gruppe: Man spricht sich über die Konfliktgegner aus, prangert deren Verhaltensweisen an und heizt sich dabei auf. Die Konfliktbeteiligten streben nun eine Win-Lose-Lösung an und legen sich Munition zurecht. Im Kontakt zu Gegnern oder Ihnen als Dritten wahrt man Sachbezogenheit.
In Phase 3 (Entflammen) kommen auch bei sachbegründeten Konflikttypen die Emotionen ins Spiel. Es bauen sich innere emotionale Spannungen auf, die spürbar nach Entladung verlangen. Die Konfliktbeteiligten tragen erste Kleingefechte aus, die emotionale Einfärbungen aufweisen. Im Verlauf der Phase schwindet der Realitätssinn der Beteiligten durch Emotionen und den wahrgenommenen Druck, irgendetwas gegen die Konfliktgegner und deren Aktivitäten unternehmen zu müssen. Sie sind zu einer Beilegung aus eigener Kraft zumeist nicht mehr in der Lage.
Dann kommt der Punkt, an dem sich die aufgestaute Energie entlädt: Ein Tropfen bringt das Fass zum Überlaufen. In Phase 4 (Brennen) verliert der ursprüngliche Streitgegenstand völlig an Relevanz. Die Flammen schlagen hoch, es kommt zu heftigen Attacken. Verletzungen auf beiden Seiten wirken wie Brandwunden, die schlecht abheilen und stets an die Gegner erinnern. In Abhängigkeit vom Reifegrad der Akteure können die Stimmen laut werden, böse Worte fallen oder Tätlichkeiten vorkommen. Nun gibt es kein Halten mehr und auch kein Zurück. Enthemmt streben die Akteure nach einer Win-Lose-Lösung. Doch das Ergebnis ist immer ein Lose-Lose.
In Phase 5 (Dauerbrenner) gehen die vom Konflikt gezeichneten Beteiligten einander aus der Reichweite. Das ist auf individueller Ebene etwa durch Bitte um Versetzung in ein anderes Team möglich. Doch Abteilungen und Unternehmensbereiche können sich nicht so einfach aus dem Weg gehen. So kommt es weiterhin zu Scharmützeln, verdeckten Widerständen und unerwarteten Angriffen nach Art eines Partisanenkriegs. Die Verlierer – die, die sich als solche sehen – machen höchstens noch Dienst nach Vorschrift.