Nur wenn ein klar differenziertes Anforderungsprofil definiert ist, können im Interview die notwendigen Fähigkeiten klar und differenziert geprüft werden. Mit anderen Worten:
Die Qualität der Auswahlentscheidung ist maximal so gut, wie das Anforderungsprofil.
Entscheidend ist, dass das Anforderungsprofil auf die Firma und die Position abgestimmt und realistisch ist. Es lässt sich immer wieder beobachten, dass die „Eierlegende Wollmilchsau“ gesucht wird, die auf dem Bewerbermarkt nicht zu finden ist. Dies hat dann zur Konsequenz, dass man aus Mangel an Bewerbern das Anforderungsprofil „abschmilzt“ und einzelnen Anforderungen gegenüber großzügig wird. Bei dem einen Kandidaten wird an einer Stelle beschönigt, bei einem anderen an einer anderen Stelle – schon sind die Bewerber nicht mehr vergleichbar. Ein weiterer Effekt: Im Entscheidungsprozess lässt sich kaum noch feststellen, welche erfolgsrelevanten Fähigkeiten tatsächlich vorhanden sind.
Sollten Probleme bei der Erstellung eines klaren Anforderungsprofils auftauchen, so kann dies auch auf eine ganz andere „Baustelle“ hinweisen: Vor der Erstellung des Anforderungsprofils gilt es, Ihre Prozesse zu überdenken und ggf. zu überprüfen, ob eine veränderte Aufgabenverteilung unter den Mitarbeitern sinnvoll ist.
Anforderungsprofile werden nach der sogenannten Critical Incident Technique erstellt.
Idealerweise erstellen Sie das endgültige Anforderungsprofil zusammen mit dem aktuellen Stelleninhaber (falls vorhanden), dem Linienverantwortlichen, der Personalabteilung, einem Mitarbeiter aus dem Team und möglicherweise einem „Kunden“. Zur Vorbereitung eines entsprechenden Treffens verwenden Sie für die folgenden Schritte ein großes Stück Papier (z. B. A3) und unterteilen es mit drei vertikalen Linien, sodass insgesamt vier Spalten entstehen. Oder Sie legen sich in Ihrem PC direkt eine Tabelle mit entsprechend vielen Spalten an.
Die folgende Tabelle verdeutlicht zunächst einmal, worum es geht:
Beschreibung von erfolgskritischen und wichtigen Aufgaben | Beschreibung von besonders erfolgreichen Verhaltensweisen | Anforderungskriterien | Kann- oder Muss-Kriterium |
In Spalte 1 werden all die (wichtigen) Aufgaben festgehalten, für die der Mitarbeiter auf der entsprechenden Stelle zuständig sein soll. In Spalte 2 soll erfasst werden, was genau und wie der Mitarbeiter die Aufgaben idealerweise erledigt. Spalte 3 dient zur Erfassung der Kompetenzen, welche zur Erledigung der Aufgaben (in Spalte 2) notwendig sind. In Spalte 4 gilt es zu unterscheiden, ob die jeweiligen Kompetenzen (= Anforderungen) sogenannte Kann- („Nice to have“) oder Muss-Kriterien sein sollen. Als Vorbereitung auf das Treffen sollten Sie, diesem Schema entsprechend, bereits Ihre eigenen Vorstelllungen notieren.
Einige Anmerkungen im Vorfeld des geplanten Meetings:
Achten Sie darauf, dass Sie und Ihre Kollegen nicht der Versuchung unterliegen, zu viele Anforderungsmerkmale als Muss-Kriterien festzulegen. Jedes einzelne Muss-Kriterium kann in der Praxis bedeuten, dass wenn ein Bewerber alle Kriterien erfüllt, jedoch das Muss-Kriterium nicht, er eine Absage erhält. Deshalb sollte diese Entscheidung vorsichtig und überlegt getroffen werden. Faustregel: Mehr als 10 Muss-Kriterien machen schon deshalb keinen Sinn, weil Sie es zeitlich kaum schaffen könnten, diese zu prüfen. Darüber hinaus hätten Sie kaum eine Chance, entsprechend vielseitig geeignete Bewerber zu finden.
Insgesamt sollte das Anforderungsprofil zumindest ein Muss-Kriterium in jedem der drei folgenden Bereiche enthalten: